Die Geschichte der ü40
Zur Jahrtausendwende trennten sich unsere ältesten Spieler von der AH und spielten ab der Saison 2001/2002 in der neu gegründeten ü40-Kleinfeldliga des VFF, gemeinsam mit 9 anderen Teams.
Für ältere Fußballer, die jahrzehntelang das Großfeld gewohnt war, eine gewaltige Herausforderung, zumal sich die Hoffnung, nun weniger laufen zu müssen, als Illusion erwies. Im Gegenteil: bei nur 6 Feldspielernauf einem halben Feld ergab sich nur selten die Gelegenheit zum Verschnaufen, man mußte ständig in Bewegung sein. Wie sehnten sich da die Stürmer nach den Ruhepausen, wenn der Gegner im Angriff war, wie lechzten die Verteidiger nach der Erholung, wenn der Ball in der gegnerischen Hälfte war ... Ständig war man in Zweikämpfe verwickelt, jeder Befreiungsschlag kam postwendend zurück! Das im Kleinfeld erforderliche gepflegte Kurzpaßspiel, das Powerplay vor dem gegnerischen Tor, das Provozieren einer Lücke in der Abwehr - all das war nicht unser Ding. Wir liebten den langen, hohen Ball auf die Flügel und danach die Flanke in den Strafraum. Aber da gab es nun keine Flügel mehr und der Strafraum war klitzeklein und mit Gegner vollgestellt. Kein Wunder, daß einer eigenen Ecke oft ein direktes Gegentor folgte!
Unser Kader war recht stattlich, zumindest auf dem Papier: Klaus Betz, Martin Drescher, Franz Esters, Rolf Heinrich, Hinki, Andeas Kloke, Joachim Loewenstein, Bernie Ratajczak, Siggi Schuster, Uli Wiethoff, Uli Deutschmann, Waldemar Rojek, Andi Gollup, Gerhard Marquardt, Klaus-Gerd ?, Metin Kosar, Osman ?, Nadjir ?, Dirk Andermann, Harry Morhard, Thomas Kähler, Hubert ?, Rudi Delkus, Lutz Golusik, Michael Jacobsen, also stolze 25 Mann. Wie gesagt, nur auf dem Papier, wir waren zumeist froh, wenigstens ein oder zwei Spieler zum Wechseln zu haben, um ein paar Minuten verschnaufen zu können.
Sportlich lief es nicht gerade berauschend. Zwar gab es immer einige Opfer, gegen die wir klare Siege landen konnten - insbesondere die Charlottenburger Polizeitruppe "Schloßgeister" erwies sich als angenehmer Gegner -, doch zu einem Spitzenplatz reichte es nie, da wir gegen die starken Teams wie Akazie, Horrido oder Oldie zumeist Klatschen kassierten. Von 14:1 bis 0:12 reichte die Ergebnisskala beispielsweise in der Saison 2003/04. Immerhin gelangten wir 2005 ins ü40-Pokalfinale, doch dieses verloren wir trotz Verstärkungen aus der AH (Carsten, Dominik) mit 3:7 gegen Akazie. Die Spielberechtigung von Dominik wurde übrigens von Capri nach ihrer Halbfinalpleite gegen uns vor dem Sportgericht angezweifelt, in deren turbulenten Verlauf Klaus dem Capri-Boss Biaggo um ein Haar an die Gurgel gegangen wäre. Der Einspruch von Capri wurde aber abgeschmettert.
Zwischen der AH und der ü40 gab es immer wieder gegenseitige Aushilfen, wenn eine der beiden Teams unterbesetzt waren. Insbesondere Carsten, der ja von Beginn seiner Zugehörigkeit zum Verein ständig von mehreren Mannschaften in Anspruch genommen wurde, half der ü40 gelegentlich aus, umgekehrt spielte z.B. Waldemar Rojek ab und zu bei der AH. "Waldi" war ein wirklich guter Spieler, er wurde aber gelegentlich auch recht jähzornig, und das leider oft auch gegenüber seinen Mitspielern. Sein unrühmlicher Abschied wurde von dann auch von einem Wutanfall gegen den als Schiri bei der AH fungierenden Klaus Betz eingeläutet ...
Zumindest in den "dritten Halbzeiten" standen wir aber immer unseren Mann! Ohne einige Bierchen kam man bei ü40-Spielen nur selten nach Hause...
Allmählich schieden mehr und mehr Aktive aus, aus Altersgründen oder wegen böser Verletzungen, die ein weiteres Fußballspielen verunmöglichten.
Zu den altersbedingt Ausgeschiedenen zählte im Sommer 2005 auch Gründungsmitglied Klaus Betz. Ein Turnier bei "Beinhart Klink" (an der Müritz), bei dem eine Rumpftruppe aus AH und ü40 unrühmlicher Letzter wurde, weil alle anderen Teams mit jungen Buschen antraten, bedeutete seinen letzten Aktiven Einsatz. Dach hängte Klaus seine Töppen an einen Garderobenhaken, wo sie dann am nächsten morgen verschwunden waren – mögen sie einem anderen gute Dienste erweisen...
Als Anerkennung um seine "besonderen Verdienste um den Berliner Sport" hatte Klaus übrigens bereits 2001 die goldene Ehrennadel des Berliner Landessportbundes verliehen bekommen, Uli Wiethoff und der damals nicht mehr aktive Bernd Meyer bekamen silberne Nadeln für ihre 20jährige Vorstandsmitgliedschaft bei Knallrot.
Verletzungsbedingt mußten im Laufe der Zeit Martin Drescher oder Dirk Andermann aufhören.
So wurde die Personaldecke der ü40 immer knapper, Spiele mit 5 oder 6 Aktiven häuften sich, die entsprechenden Packungen natürlich auch. Also auflösen? Nein, lieber mit einer anderen Truppe eine Spielgemeinschaft eingehen! Es wurden Gespräche geführt, mit unseren "Freunden" von Capri, mit Akazie - allesamt erfolglos. Dann aber fand (mal wieder) den rettenden Ausweg: Er knüpfte mit Erfolg den Kontakt zu den "Kellerkickern", die vor der Auflösung standen, weil sie keine Großfeldmannschaft mehr stellen konnten. Es gelang Klaus, den Kellerkicker-Chef Johannes zum Weitermachen in einer ü40-Kleinfeldunion mit unseren restlichen Spielern zu überreden. Ab der Saison 2008/08 spielten wir dann als SG Knallrot/Kellerkicker, wobei der Anteil der knallroten Spieler immer weiter abnahm, bis schließlich Uli Wiethoff als einziger aktiv dabei blieb. Im Übrigen war es eine tolle Erfahrung, nun mit den netten Kumpeln der Kellerkicker in einem Team zu spielen; in den 70ern und 80ern hatte wir uns mit ihnen so mache Schlacht geliefert, die zumeist wir für uns entscheiden konnten. Auf einem Knallot-Paß spielte neben Uli auch Uwe Soukup, den Klaus bei einer Benno Ohnesorg-Gedenkfeier kennengelernt hatte und als Torwart für die ü40 gewinnen konnte. Uwe erwies sich als nahezu ideale Lösung unseres jahrelangen Torwartproblems und zudem auch als geselliger Zugewinn! Davon bekam allerdings auch unsere AH Wind und lieh sich Uwe immer öfter aus, um ihn sich schließlich nach der Auflösung der Knallrot/Kellerkicker-Union zum Ende der Saison 2010/11 ganz einzuverleiben ...
Die Beendigung des immerhin zehnjährigen ü40-Kapitels in der Knallrot-Chronik wurde unausweichlich, als sich mehr und mehr Spieler der Kellerkicker langwierige Verletzungen zuzogen oder aus beruflichen Gründen Berlin verließen; den oben erwähnten Johannes zog es sogar bis nach Peking. Bis zum bitteren Ende hatte auch Uli Wiethoff durchgehalten, der somit zum alleinigen Rekordhalter wurde: Uli war von 1974 bis 2011 aktiv, so lange wie kein anderer Spieler von Knallrot Wilmersdorf!!!
Klaus Betz